MATERIE UND GEIST
2. Realität und Wahrnehmung
- Podiumsdiskussion -
Montag, 12. Mai 2014, 19 Uhr, Haus der Wissenschaft, Große Aula
Eintritt frei
Prof. Dr. Eckart ALTENMÜLLER, Musikhochschule Hannover:
Was können wir wahrnehmen und wie wahr ist es?
Zur Neurobiologie der Erkenntnis.
Prof. Dr. Jochen HINZ, TU Braunschweig:
Wahrnehmung zwischen Vergangenem und Zukünftigem
- die Welt der Archetypen und deren Spiegel -
Moderation: Gerwin BÄRECKE, TV 38
Konzept: Birgit SONNEK (Kolleg 88), Tel. 05304 - 3273
www.schlüsseltexte-geist-und-gehirn.de/
Information: Dr. Jens-Uwe BÖHRNSEN (Institut für Konstruktionstechnik)
Tel. 0531 - 391 7103, www.ikt.tu-bs.de
Programm: 19 Uhr Begrüßung. 19:05 Uhr Einführung. 19:20 Uhr Prof. Altenmüller. 20 Uhr Pause (Getränkeservice). 20:20 Uhr Prof. Hinz. 21 Uhr Diskussion.
Prof. Dr. Eckart ALTENMÜLLER, geb. 1955 in Rottweil, ist Mediziner
und einer der führenden Forscher auf dem Gebiet der Neurophysiologie und
–psychologie von Musikern. Medizinstudium in Tübingen und Paris, Musikstudium
in Freiburg. Promotion zum Dr. med. und Ausbildung zum Facharzt für Neurologie
an der Uni Freiburg. Seit 1994 ist er Universitätsprofessor und Direktor des
Instituts für Musikphysiologie und Musikermedizin der Hochschule für Musik,
Theater und Medien, Hannover. 2013 erhielt er den Wissenschaftspreis Niedersachsens.
Prof. Dr. Jochen HINZ, geb. 1943 in Celle, studierte
Psychologie und Kunsterziehung in Braunschweig. Nach dem Lehramt-Examen war er
als Kunsterzieher tätig, erwarb dann das Psychologie-Diplom an der TU
Braunschweig. Dort war er als Wiss. Mitarbeiter im Institut für Pädagogische
Psychologie sowie in der Studienberatung tätig. Heute ist er Honorarprofessor
an der Hochschule für Musik, Theater und Medien in Hannover.
Wer sind wir? Körper oder Seele, Gehirn oder Geist? Das uralte philosophische Leib-Seele-Problem führte zu den Fragestellungen der interdisziplinären Wissenschaftsreihe „Materie und Geist“ von TU Braunschweig und Kolleg 88.
Wenn wir uns nur als körperliche Wesen betrachten, gelten die physikalischen Gesetze des Universums für uns und wir sind nach dem physischen Tod verschwunden bzw. unsere Spezies stirbt spätestens mit dem finalen Aufblähen der Sonne.
Können wir uns auch als geistige Wesen betrachten? Die Voraussetzung geistiger Inhalte ist ein funktionierendes Gehirn. Doch wenn der Geist einmal da ist, besitzt er nicht eine völlig neue Seinsweise, unabhängig von den Gehirnfunktionen?
Wir sehen uns als Individuen mit persönlicher Vergangenheit und charakterlichen Eigenheiten, die denken können, was sie wollen. Geistig können wir uns in Sekundenbruchteilen an den Rand des Universums versetzen. Der Körper kann das nicht.
Wer sind wir? Sternenstaub oder vernunftbegabte Wesen? Es gibt immer noch keine Antwort auf diese grundsätzliche Menschheitsfrage.
Oder doch? Im April 2013 diskutierten der berühmte Quantenphysiker Hans-Peter Dürr und der Braunschweiger Philosoph Claus-Artur Scheier im Haus der Wissenschaft über Higgs, Quarks und die Verbundenheit allen Seins.
Kann man in diesem
Bereich überhaupt noch von Materie sprechen, oder sind es nicht vielmehr neue Eigenschaften,
die wir dort erkennen? Wie weit hängen sie mit unseren eigenen
Wahrnehmungsstrukturen zusammen, und wo geht die „Realität“ über in die Interpretation?
Bei der Untersuchung der Materie fand Hans-Peter Dürr heraus: Es gibt gar keine Materie. Sie ist auch keine Sonderform der Energie. Es gibt nur informative Vernetzungen, eine Art bewusste Verbundenheit allen Seins, und das ist eine geistige Qualität. Wir sind Teile der Welt, die sich ständig ändert, und wir ändern uns mit ihr.
Eigentlich könnten wir aus der evolutiven Passivität heraustreten und unsere Umwelt so gestalten, wie wir es für richtig halten. Als geistige Wesen haben wir Anteil an der allumfassenden Verbundenheit des Universums als einer Art kollektiven Geistes.
Aus der Unschärferelation ergibt sich eine Offenheit unserer Zukunft. Wir sollten den Mut haben, sie nach unseren eigenen Vorstellungen zu gestalten und uns nicht von Tradition oder Erziehung leiten lassen, schlägt Dürr vor.
Dieser Appell des alten Herrn der Quantenphysik, der Einstein kannte und mit Heisenberg zusammen arbeitete, schließlich den alternativen Nobelpreis bekam, erinnert an die Mahnung eines anderen großen Mannes: Immanuel Kant. Der forderte seinerzeit: Habe den Mut, dich aus deiner selbst verschuldeten Unmündigkeit zu befreien.
Kant war übrigens der Meinung, dass
wir beides sind, Leib und Seele. Einerseits an die Materie gebundene
körperliche Wesen, andererseits haben wir durch unsere Seele Anteil an einer
geistigen Welt, die unabhängig von der Materie existiert.
Er formulierte auch die zweite große Frage: Was können wir wissen? Wenn wir geistig verbundene Wesen mit offener Zukunft sind, frei im Denken und Handeln, so müssen wir dennoch die Richtigkeit unserer Erkenntnis voraussetzen, um die Welt zu verändern.
Betrifft die Unschärferelation eigentlich auch unsere Alltagswahrnehmung? Ist die Welt so, wie wir sie sehen, oder wird sie nur aus elektrischen Impulsen von unserem Gehirn konstruiert?
Wie weit können wir unserer Wahrnehmung vertrauen, und welche Rolle spielen innere Präsenzen wie Archetypen oder Instinktprogramme bei unseren Entscheidungen? Wird unsere Freiheit durch unsichere psychische Wahrheiten eingeschränkt?
Darüber diskutieren Gehirnforscher Eckart Altenmüller und Psychologe Jochen Hinz am 12. Mai erst miteinander, dann mit dem Publikum. Interessierte sind herzlich eingeladen, mitzudiskutieren.
Birgit Sonnek
Filmaufzeichnungen von tv38:
Vortrag 1: Prof. Dr. Eckart ALTENMÜLLER, bitte hier anklicken
Vortrag 2: Prof. Dr. Jochen HINZ und die Podiumsdiskussion, bitte hier anklicken
Literaturempfehlung: (www.schlüsseltexte-geist-und-gehirn.de)
Presse:
- Braunschweiger Zeitung Online
Fotos von der Veranstaltung: